Kaum eine Atempause fürs närrische Publikum

Bunter Abend – Mehr als 600 Gäste bei Sitzung der Erbacher Handballer in der Mehrzweckhalle – Riesenspaß bei Programm mit Tanz, Musik und Büttenreden

Ein brillanter Sitzungspräsident, viel Tanz, Musik und pointenreiche Büttenreden, das ist der Stoff, aus dem großartige Fastnachtssitzungen sind. Überall eine „1“ mit Sternchen hat sich hier der SV Erbach mit seinem „Bunten Abend“ am Samstag verdient.

Mehr als 600 Zuschauer – laut ADAC-Schätzungen waren es über 1200 – feierten unter dem Motto „Der Hessentag, das könnt ihr testen, passt nach Erbach am allerbesten!“ gut gelaunt bis in die frühen Morgenstunden.

Die Guggemusik „Bensemer Roabdigalle“ verwandelte die Halle beim Einmarsch des Elferrates gleich in ein Tollhaus. Schon standen die Ersten auf den Stühlen und klatschten begeistert im Takt der Musik. „Ich bin jetzt der neue Mann, ich wurd gewählt, weil ich nix kann“, stellte der neue Sitzungspräsident Steffen Maurer sein Licht erst einmal unter den Scheffel. Er moderierte, sang und scherzte, was das Zeug hielt, die Bühnenpräsenz in Person.

Ein frisch verheiratetes Ehepaar erklomm als erster Büttenakt die Bühne, und steigerte sich vom süßen Liebesgesäusel ganz schnell in einen handfesten Ehekrach hinein. Ausgerechnet am Hallenhandball scheiden sich die Geister: „Die Halle werd ich dir verbiete, du bleibst daheim bei deiner Lieben!“ Schon ist man mitten im Rosenkrieg: „Du Mistvieh kriegst mich net sou weit, ich leist’ en Offenbarungseid!“ Eine gelungene Büttenpremiere mit Happy End von Xena Rodenheber und Mirko Lulay.

Ein Bunter Abend ohne Tanz ist beim SV Erbach undenkbar! Quer durch alle Altersklassen sind die Handballer hier seit Jahr und Tag aktiv und können es locker mit jeder Garde aufnehmen. Die Jüngsten machten den Anfang, zauberten eine „Just White“-Party á la Hessentag auf die Bühne, dass es kaum einen auf dem Sitz hielt. Mithilfe von Schwarzlicht leuchteten die weißen Outfits der Mädchen und Jungen und die neonfarbenen Strickmützen, während sie unter anderem zum Pitbull-Hit „Timber“ einen fetzigen Tanz vorführten. Luca Jordan fungierte als Hahn im Korb als flippiger und cooler DJ.

Kaum eine Atempause wurde dem närrischen Publikum gegönnt. Captain Jack Sparrow taumelte zum eindrucksvollen Live-Gesang des Sitzungspräsidenten auf die Bühne, bildete die Vorhut für das Jugendballett, das den „Fluch der Karibik“ meisterhaft in Szene setzte. Die Mädels waren reizend anzusehen in ihren schwarzen Tüllröckchen, den Stiefeln, den roten Accessoires und den kunstvollen Hochsteckfrisuren. In bester Gardeballett-Manier schwangen sie die Beine, auch sie kamen nicht ohne eine umjubelte Zugabe von der Bühne.

Zwei Spezialisten gaben sich dann ein Stelldichein, das von Zoten nur so wimmelte. Hatte der eine doch eine Annonce aufgesetzt auf der Suche nach der „Fraa fürs Leben“. Unmengen an Zuschriften habe er bekommen. Von Frauen? Nein, von Männern: „Nehmen Sie meine!“ Da der größte Teil des Vortrags sich deutlich unter der Gürtellinie bewegte, sei an dieser Stelle der Mantel des Schweigens über ihn geworfen.

Das Oldstars-Damenballett sorgte mit der Darbietung „Living Drums“ für den nächsten Paukenschlag. Sie verzauberten mit einer Choreografie mit Gymnastikbällen und Drumsticks. Die „Söhne Erbachs“ – Steffen Maurer, Armin Silber und Alfons Löb – verabschiedeten das Publikum singend in die „Halbzeitpause“: „Mir sin hier der Hallenhandballclub“, intonierten sie ihre „special version“ von „Yellow Submarine“ und alle sangen mit.

Witzelnd von der Hallendecke hinab

Was dann kam, war einer der optischen Knaller des Abends: Elferratspräsident Maurer schwebte witzelnd und wie eine Presswurst ins Klettergeschirr gepackt, singend langsam von der Hallendecke hinab. Auch, als er den Text kurz einmal vergaß, störte das keinen, im Gegenteil, noch mehr Lachtränen kamen zum Vorschein. Auch die Elferratskollegen bekamen jeder einen eigenen Auftritt. Als Heino, Micky Krause, Helene Fischer und Co traten sie ins Rampenlicht, playbackten, was das Zeug hielt. Sofort war die Stimmung im Saal wieder auf dem Siedepunkt.

Als Hessentagsbeauftragter betrat darauf Michael Endres die Bühne in Erbach. Endres war wie in jedem Jahr überall gleichzeitig präsent. Am Anfang sorgte er für das „Warm up“, zwischendrin organisierte er gemeinsam mit Kollege Armin Silber allerlei vor und hinter den Kulissen, hielt die Fäden in der Hand und schließlich stand er mehr als nur einmal selbst auf der Bühne.

Man kann nur hoffen, dass er den Abend ohne Blessuren überstanden hat, denn er feuerte harte Geschosse in Richtung Nachbarstadt Bensem ab und auch Hambach und Kirschhausen bekamen ihr Fett weg. Etwa so: Beim Überfliegen von Bensheim hatte der Sitznachbar festgestellt, dass in der Stadt alles wohl ganz nobel sei: „Alles mit Parkett!“ Darauf der Hessentagsbeauftragte: „Ne, das sin die Bensemer, die gucken nach em Flieger un jeder hat en Brett vorm Kopp!“

Grellbunt und mit Stulpen angetan entführte das Damenballett der Aktiven die Zuschauer kurz darauf „Back to the 80s“. Zu Hits wie „Wake me up before you gogo“, „Stars of 45“ , „Fame“ oder „Footlose“ wirbelten sie über die Bühne, rissen ihr Publikum mit, zogen sich in Windeseile um, sogar ein selbstgedrehter Film wurde eingespielt. Ein weiterer Augenschmaus!

Einen Ohrenschmaus boten die „Söhne Erbachs“ bei ihrem zweiten Auftritt – die „schärfste Boygroup zwischen Oberhambach und Schimmeldewog“. Zunächst hatten sie ein Lied der „transsylvanischen Wanderwarze“ (Peter Maffay) umgedichtet: Statt „Über sieben Brücken“ hieß es da: „Durch die Straßen Erbachs muss ich gehen, find mein Zuhause nicht, ja so kann’s gehen.

Meistens klingel ich am falschen Haus. Und wer macht da auf? Mein Nachbar Klaus“ so besangen sie die Auswirkungen der feuchtfröhlichen Abende des Sitzungspräsidenten.

Auch der Skandal-Bischof bekommt sein Fett weg

Auch Skandal-Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst bekam sein Fett weg. Und angesichts des Kneipensterbens in Heppenheim freute man sich, dass man sich in Erbach im „Paradies der Gastronomie“ befinde und die Qual der Wahl hat: „In Erbach, do blieht die Gastronomie. Steht Wertschaft an Wertschaft, doch wou soll ich hie?“

Kein gutes Haar am eigenen Geschlecht ließ „Ehemann“ Hans-Peter Fischer. Im fleckigen Unterhemd, mit der Bierflasche in der Hand, ließ er allerlei Zotiges vom Stapel.

Und wie immer endete der Abend mit einem Highlight, dem umjubelten Auftritt des Männerballetts: Das inszenierte „Rocky“, dass es kein Halten mehr gab. Der ganze Film in Kurzversion auf die Bühne gebracht, samt Boxring, den einschlägigen Hits, Dialogen vom Band. Ein Kracher zum Schluss.

Quelle: Echo Online 25.02.2014

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